10. Jahre Dialyseverband Sachsen e.V.
"Eine Gemeinschaft, die sehr gut und kreativ arbeitet"
Das zehnjährige Bestehen des Dialyseverbands Sachsen e. V. feierten Mitglieder und Gäste am 28. April im Kurhotel Bad Lausick. Das Jubiläum wurde durch die Firmen Novartis und La Roche sowie die Direktion und das Team des Kurhotels ideell und materiell unterstützt. Am folgenden Tag wurde im Rahmen der 2. Delegiertenkonferenz der bisherige Vorstand einstimmig wiedergewählt.
Gemeinschaft erleben
Das Jubiläum biete den Mitgliedern eine willkommene Gelegenheit, Gemeinschaft zu erleben und einen Dialog mit allen denjenigen zu führen, die den Weg mitgehen wollen. Dieses Motto stellte Annegret Bresch in den Mittelpunkt ihrer Begrüßungsansprache. Die Veränderungen nach der Wende hätten die Notwendigkeit zum Zusammenschluss gezeigt, so die Vorsitzende des Dialyseverbands Sachsen e. V. (DVS). Der Bundesverband habe damals den Patienten Willi Pauels als "Vater" zur Seite gestellt. Auch die IG Rheinland-Pfalz Nord habe sowohl ideelle als auch materielle Unterstützung geleistet.
Annegret Bresch: "Wir haben das Laufen gelernt, aber auch Lehrgeld bezahlt. Ein Verband lernt nie aus." Nur eine starke Gruppe könne die Interessen der Mitglieder durchsetzen. 21 Gründungsmitglieder hätten vor zehn Jahren in den verschiedenen Regionen Sachsens die Basis geschaffen. Heute gehörten dem Landesverband beinahe 550 Mitglieder an. "Immer häufiger suchen auch Nichtmitglieder bei uns Rat und Hilfe", stellte die Landesvorsitzende fest. Der Verband habe sich die notwendige Kompetenz erarbeitet. Im Namen des DSV dankte sie allen denjenigen, die halfen, den Willen der Mitglieder in die Tat umzusetzen.
Zügige Entwicklung
Peter Gilmer erinnerte sich noch genau an die Einweihung der ersten neuen Dialyse vor elf Jahren in Chemnitz. "Damals wollte ich nicht glauben, dass die Entwicklung so zügig weitergehen sollte", so der Vorsitzende des Bundesverbands Dialysepatienten Deutschlands e. V. Willi Pauels sei durch die neuen Bundesländer gereist und habe viel Überzeugungsarbeit geleistet. Heute gäbe es hier vierzig Vereine. Bundesweit seien 18.000 von insgesamt 65.000 Betroffenen organisiert.
Peter Gilmer: "Ich hoffe, dass die Vereine Angebote entwickeln, die den Menschen nützen." Die Patientenorganisation sei beteiligt gewesen an Gesundheitsreformen, wenngleich "mit mäßigem Erfolg". Auch habe sie es mit fertiggebracht, dass ein Transplantationsgesetz installiert wurde. Im nächsten Jahr solle eine Stiftung ins Leben gerufen werden, die alle diejenigen unterstützt, die nicht durch den Verband gefördert werden können. Die neue Schirmherrin sei Prof. Dr. Maria Böhme aus Berlin. "Der sächsische Verband hat sich sehr gut entwickelt und enormen Zuwachs bekommen", würdigte der Bundesvorsitzende die Arbeit der Jubilare. Von außen sei zu spüren, dass die Gemeinschaft sehr gut und kreativ arbeitet.
Aus der "Pionierzeit" der Dialyse
Über das erste Dialysezentrum im Klinikum der Universität Leipzig berichtete Priv.-Doz. Dr. med. habil. Harald Achenbach. Es wurde 1971 eröffnet und hatte fünf Plätze in einem Einzugsgebiet von 1,5 Millionen Einwohnern. Einige Patienten aus dieser Zeit würden heute noch leben. Unter dem Druck der Wende sei dann die Kapazität auf acht Plätze erweitert worden, so der Vorsitzende des Nephrologenverbands Sachsen e. V.
Heute gehörten dem sächsischen Nephrologenverband 65 Kollegen aus Kliniken und freier Niederlassung an. In der Bundes-KV werde nun überlegt, ob die Blutwäsche künftig nicht mehr als ärztliche, sondern als technische Leistung definiert werden sollte. Die Ärzteschaft könne die Patienten nicht mehr wie früher die Hausärzte begleiten. Die Nephrologen dürften nicht auf fremden Wiesen grasen. Daher werde mit anderen Fachkollegen interdisziplinär zusammengearbeitet.
Spendebereitschaft in Sachsen führend
Mit dreißig Organspendern auf zwei Millionen Einwohnern sei in Sachsen die Spendebereitschaft im Vergleich zu den übrigen Bundesländern führend, stellte Prof. Dr. Johann Hauss fest. Nach den neuen Richtlinien würden bei der Organvermittlung nun große Zentren mit langen Wartezeiten bevorzugt, so der Direktor der Klinik für Abdominal-, Transplantations- und Gefäßchirurgie an der Universität Leipzig und Vorsitzende der Deutschen Transplantationsgesellschaft. Er plädierte dafür, Organspende, -verteilung und -transplantation innerhalb eines Gebiets durchzuführen.
Ehrungen und Spende
Nach der Grußadresse des Bürgermeisters der Stadt Bad Lausick, Josef Eisemann, wurden alle Gründungsmitglieder geehrt, die heute noch im Landesverband Sachsen aktiv mitarbeiten: Uwe Johannsen, Dipl.-Psych. Uta Jurack, Peter Kunath, Wolfgang Schneider, Joachim Reiche und Peter Kiesewetter, der aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Feier teilnehmen konnte, wurde die Ehrennadel der IGN überreicht.
Anschließend überreichte Dipl.-Psych. Uta Jurack dem Landesvorstand eine Collage, welche Patienten des Kinderdialysezentrums im Städtischen Klinikum "St. Georg" Leipzig gestaltet hatten. Sie wollte jedoch auch "gern etwas mitnehmen": Damit Elsi aus dem Kosovo an einer Sommerfreizeit an der Ostseeküste teilnehmen kann, wurden dreihundert Mark gebraucht. Die Gäste "fütterten" das Sparschwein mit 601 Mark. Somit bekam der sieben-jährige Dialysepatient grünes Licht für die Reise in Begleitung seiner Mutter und seiner Schwester, die als einziges Familienmitglied ausreichend deutsch spricht.
Personalmangel hatte auch positive Aspekte
In einem Kurzvortrag schilderte Priv.-Doz. Dr. med. habil. Harald Achenbach den Dialysealltag bis zur Wende. Zumindest zur Eröffnung vor vier Jahrzehnten habe die Blutwäsche noch beinahe den gleichen technischen Standard gehabt wie die Zentren in der alten Bundesrepublik. Mit dem Unterschied, dass die Patienten ihre Maschine selbst "aufbauen" mussten. Wenngleich unter heutigen Bedingungen kaum noch vorstellbar, habe deren Einbindung auch eine positive Seite gehabt: In dem Bewusstsein, dass sie für die Funktion ihrer Dialyse selbst verantwortlich sind, hätten sie eine gute Compliance entwickelt.
Bei Xenotransplantation ist Skepsis angebracht
Auf die Perspektiven der Xenotransplantation und der Lebendspende ging Prof. Dr. Johann Hauss in seinem Referat ein. 1989 sei er in Südafrika einer Krankenschwester begegnet, der mit Erfolg eine Pavianniere implantiert worden war. Aber: "Die Hoffnungen auf die Xenotransplantation haben sich nicht bewahrheitet." Schweineorgane seien genetisch so verändert worden, dass sie durch die Patienten angenommen werden sollten. Insbesondere in England habe man für diesen Zweck transgene Schweine gezüchtet. Die Infektprobleme seien jedoch bis heute nicht beherrschbar. Auch müsse die Züchtung von Organen aus Stammzellen mit Skepsis betrachtet werden, so der Referent. Wer etwas anderes behaupte, sei nicht seriös. Es sollten keine Hoffnungen geweckt werden auf etwas, was nicht möglich ist.
Mit der Verabschiedung des Transplantationsgesetzes 1997 sei ein Aufschwung für die Transplantationsmedizin in Deutschland erwartet worden. Die dazu gehörigen Ausführungsbestimmungen liefen aber mühsamer an, als man erwartet hatte. Die Spendebereitschaft nehme ab. Insbesondere in den neuen Ländern sei die Entwicklung problematisch. Prof. Dr. Hauss: "Die Hälfte der sächsischen Patienten haben sich außerhalb des Freistaats zur Transplantation angemeldet." Dies führe dazu, dass hier die Wartelisten kurz sind. Folglich sei die Chance, dass Spenderorgane nach Hannover, München oder Berlin vermittelt werden, erheblich größer, als dass Patienten in Sachsen "einen Treffer" haben. Im Jahr 2000 seien in Leipzig 65 Nierentransplantationen durchgeführt worden. Dieses Jahr habe man hier bis Ende April hingegen erst sechs Nieren implantiert.
Die Lebendspende sei nicht die Methode, die allein selig macht: "Auf diese Weise wird die Idee von der Spende nach dem Tod geschwächt", gab der Referent zu bedenken. In der Leipziger Klinik werde dieses Thema angesprochen und im Familienkreis beraten. Auch würden dabei die Risiken berücksichtigt. "Es wird zwar alles getan, damit beim Spender keine Komplikationen auftreten. Es gibt jedoch keine Garantie, dass die Operation gelingt", räumte Prof. Dr. Hauss ein. Eine "Überkreuzspende" werde durch die Ausführungsbestimmungen des Transplantationsgesetzes untersagt und sei zumindest in Deutschland gegenwärtig nicht möglich.
Am Abend klang die Jubiläumsfeier mit einem gemütlichen Beisammensein im Kursaal aus. Die Showtanzformation Döbeln und das DEAFComicTheater des Gehörlosenverbands Leipzig hatten für die Gäste ein unterhaltsames Programm vorbereitet.
2. Delegiertenkonferenz
Am Sonntag, dem 29. April, trafen sich die Delegierten des Landesverbands. Nach dem Bericht des Vorstands über die Arbeit seit der 1. Delegiertenkonferenz und dem Bericht des Kassenprüfers wurde der Vorstand gewählt. In einer Trauerminute gedachten die Anwesenden der verstorbenen Mitglieder Rudolf Diener aus Chemnitz und Harald Illing aus Dresden. Anschließend wurde der Vorstand gewählt. Die Delegierten votierten einstimmig dafür, die bisherigen Mitglieder abermals mit der Vertretung ihrer Interessen auf Landesebene zu beauftragen.
Abschließend erläuterten Dr. Christa Wachsmut und Thomas Weiskirchen von der Deutschen Stiftung Organspende deren Funktion als Koordinierungsstelle für Organtransplantationen in Deutschland sowie über die Zusammenarbeit mit Kliniken und den Angehörigen der Spender.
Reinhard Wylegalla
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