Das Single-Needle-Verfahren (Dialyse mit einer Nadel)

 

Vorbemerkung:

Im Einnadel- oder Single-Needle-Betrieb steht im Gegensatz zur Double-Needle-Dialyse zur Blutförderung und Rückgabe nur ein Lumen zur Verfügung. Die Behandlung muss deshalb in einzelne Phasen aufgeteilt werden; in den arteriellen Phasen wird dem Patienten Blut entnommen, in den venösen Phasen zurückgegeben. Gegenüber dem Doppelnadel- oder DN-Betrieb bei gleichem eingestellten Blutfluss (QB) bedeutet dies eine Reduzierung des effektiven, mittleren QB um 50%, wodurch der Gesamtblutumsatz, und damit auch die Dialysequalität vermindert wird.

Diese Verminderung kann durch verschiedene technische Möglichkeiten nur zum Teil ausgeglichen werden:

  • Der Erhöhung des eingestellten Blutflusses sind physiologische Grenzen gesetzt; je höher der QB, desto extremer sind die im Schlauchsystem auftretenden Drücke und damit die Gefahr der mechanischen Hämolyse.
  • Die Maschinentypischen Varianten unterscheiden sich teilweise stark in der Effektivität bezüglich des Gesamtblutumsatzes während der Dialyse.

Die SN-Dialyse erfordert einen höheren technischen und materiellen Aufwand bei gleichzeitig geringerer Effektivität. Wenn möglich sollte deshalb angestrebt werden dem Patienten einen Gefäßzugang anzulegen, der eine Behandlung im Doppelnadel-Modus ermöglicht.

Aus den unterschiedlichsten Gründen kann es aber dennoch erforderlich werden einen Patienten mit einem Einnadelverfahren zu dialysieren:

  • Unipunktion bei Einschränkung des Punktionsareales durch Hämatome oder Entzündungen im Shuntbereich, stenosierte Shunts
  • mittels zentralvenösem einlumigen Gefäßzugang bei Andialyse, zur Überbrückung zwischen Shuntverschluss und Shuntneuanlage bzw. –revision.
  • kontinuierliche Dialyse über großlumige implantierte Vorhofkatheter bei schlechter Gefäßsituation des Patienten

Technische Entwicklung:

Die technische Möglichkeit der Einnadeldialyse existiert seit ca. 1970 und ist seitdem immer weiter entwickelt worden. Die ersten Verfahren waren technisch relativ einfach aber noch ineffektiv, bei den moderneren Verfahren verhält es sich umgekehrt. Das Nachvollziehen der einzelnen Entwicklungsschritte erleichtert das Verständnis für die komplizierteren Methoden.

Die Schwierigkeit lag anfänglich darin, das in der arteriellen Phase angesogene Blut im Blutschlauchsystem zu „deponieren“. Dies wurde durch eine hinter dem Dialysator ins System integrierte Expansionskammer erreicht, die ein relativ großes kompressibles Volumen hatte und dadurch eine Windkesselfunktion erfüllte. Die Blutpumpe fördert Blut durch den Dialysator in diese Kammer, bis ein bestimmter einstellbarer oberer Druckgrenzwert erreicht war. Danach stoppte die Pumpe, die venöse Klemme öffnete sich, und durch den hohen Druck in der Kammer wurde Blut aus der Kammer passiv zum Patienten zurückgefördert. Die Umschaltung in die arterielle Phase erfolgte entweder bei Erreichen eines unteren Druckwertes, oder nach Ablauf einer einstellbaren Zeitspanne. Durch diese Methode können Volumina von 20-30 ml Blut in den Kammern untergebracht werden. Die Menge welche in der arteriellen Phase in die Kammer transportiert wird, wird als Phasen- oder Hubvolumen bezeichnet.


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Nachteil dieses Verfahrens war der diskontinuierliche Blutfluss; in der venösen Phase wurde kein Blut durch den Dialysator transportiert.

Eine Weiterrentwicklung bestand darin, eine zweite Expansionskammer vor dem Dialysator anzubringen:


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Dadurch war der Blutfluss zwar immer noch diskontinuierlich, es kam jedoch nicht mehr zu einem kompletten Stillstand, da die hinter dem Dialysator liegende Kammer durch den Druckanstieg im System ebenfalls gefüllt wurde.

Der nächste Schritt bestand in der Zuhilfenahme einer zweiten Blutpumpe, die das Blut aktiv zum Patienten zurückbeförderte, und damit den Vorgang des Blutrückflusses zum Patienten erheblich beschleunigte und eine größere Blutumsatzmenge ermöglichte.


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Die erheblichen Druckschwankungen im Dialysator, die zu verstärkter Sekundärmembranbildung und Zwangsultrafiltration führten blieben aber auch bei diesem Verfahren bestehen. Die Kombination High-Flux-Dialyse und Single-Needle-Betrieb war damit an Geräten mit sogenanntem offenen Ultrafiltrationssystem problematisch bis unmöglich.

Eine Möglichkeit die Druckschwankungen vom Dialysator fernzuhalten besteht darin, Expansionskammern und Blutpumpen in der Reihenfolge der Anordnung zu vertauschen.

Bei diesem SN-Cross-Over genannten Verfahren sorgt eine zweite, druckgesteuerte Blutpumpe dafür, das der Druck im Dialysator konstant gehalten wird, wobei die Pumpengeschwindigkeit im Prinzip der arteriellen Blutpumpe minus der Ultrafiltrationsrate entspricht. Die zeitliche Versetzung der Blutzufuhr und -rückfuhr zum Patienten wird über arterielle und venös Klemmen druckgesteuert.


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 Nachtrag:

Die in diesem Text enthaltenen Informationen und Erkenntnisse wurden durch die Lektüre der Betriebsanleitungen und dem jahrelangem Umgang mit den entsprechenden Dialysegeräten gewonnen. Bei allen gemachten Angaben handelt es sich um Erfahrungswerte aus pflegerischer Sicht, für deren Richtigkeit ich keine Gewähr übernehmen kann. Anregungen und Kritik sind jederzeit willkommen, bitte dann an folgende Adresse:Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

November 2002

M. Greshake