Seminar zum Thema "Körpererfahrungen" im Kurhotel Bad Lausik

Eröffnungsansprache von Kaja Hundertmark:

Herzlich Willkommen,

Ich begrüße Sie ganz herzlich, auch im Namen meiner Kolleginnen, zu diesem Wochenendseminar vom Dialyseverband Sachsen e.V. Ich freue mich, dass Sie so zahlreich erschienen sind, um dieses Wochenende miteinander zu erleben, sich kennen zu lernen und Erfafahrungen aus zu tauschen.

Wenn Sie hoffen, ich werde jetzt einen langweiligen wissenschaftlichen Vortrag halten, dann muss ich Sie leider enttäuschen. Ich möchte Ihnen nur ein paar Worte dazu sagen, was Sie dieses Wochenende hier erwartet. Meine Kolleginnen und ich können Ihnen lediglich ein paar Anregungen geben, denn schließlich sind Sie die Experten.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Ihnen gleich meine Kolleginnen und mich vorstellen. Julia Würz, Antje Lehmann, Anja Born und Suse Singer. Ich selbst bin Kaja Hundertmark...

Ich gehe jetzt auf einige wenige Punkte ein, die Ihr Leben mit der Dialyse, der Transplantation oder als Partner betreffen. Auf jeden Fall ist für uns das Motto dieses Wochenendes: Tu deinem Körper was gutes, damit sich deine Seele darin wohl fühlt.

Als Dialysepatient oder Transplantierter Patient oder Partner sind Sie mit ganz konkreten Belastungen und Anforderungen im Alltag konfrontiert. Wir Medizin- Psychologen sprechen bei einer chronischen Erkrankung auch von einem sog. "kritischen Lebensereignis" und denken dabei v.a. an die täglichen Belastungen, die es zu bewältigen gilt. Denn, wie Sie alle wissen verändert sich der Lebensalltag durch die Beschwerden und Therapiemaßnahmen oft erheblich.

Um welche Belastungen es sich bei Ihnen handelt, möchte ich nur ganz kurz erwähnen, denn schließlich sind Sie, wie bereits erwähnt auf diesem Gebiet die Experten:

  1. körperliche Belastungen (Schwäche, Schmerzen, Appetitlosigkeit, Juckreiz, Schlaf- und Konzentrationsstörungen etc.).
  2. nach der Aufnahme ins chronische Hämodialyseprogramm entsteht eine grundlegende Veränderung der bisherigen Lebensweise. Diese Veränderung bezieht sich auf den Beruf, auf Partnerschaft und Familie, auf Hobbies, auf Urlaub und Freunde. Innerhalb der Partnerschaft müssen oftmals die Aufgaben neu verteilt werden, was sehr schwer sein kann. Außerdem können sexuelle Probleme zu Spannungen zwischen den Partnern führen und umgekehrt.
  3. Seelische Belastungen entstehen oft durch die körperlichen Beschwerden, die veränderten Alltagsbedingungen, die Dialysesituation an sich, die Abhängigkeit von der Maschine und vom medizjnischen Personal und nicht zuletzt aus Angst vor Komplikationen. Niedergeschlagenheit, "sich ungesellig fühlen" und auch Wut über den Verlust von Selbständigkeit und Unabhängigkeit können die Folge sein.
  4. Bei den Transplantierten spielen die Angst vor Komplikationen und einer Abstoßungsreaktion sowie die Nebenwirkungen der immunsupressiven Medikamente im Vordergrund. Eine tatsächliche Abstoßung kann zu Trauer, Depression und Hoffnungslosigkeit führen.
     

Diese Veränderungen und Belastungen stellen sehr hohe Anforderungen an Sie und Sie und Ihre Familie müssen damit fertig werden.
Welche Belastungen im Einzelnen auftreten und im Vordergrund stehen ist von Patient zu Patient, von Partner zu Partner sicherlich verschieden. Auch die Art und Weise mit den Belastungen umzugehen und Probleme zu lösen ist sehr individuell.
Gerade wegen der Unterschiede und dem Erfindungsreichtum im Umgang mit Problemen ist es wichtig, dass Sie die Möglichkeit haben Ihre Erfahrungen auszutauschen. Denn nur so können Sie erfahren, dass Sie mit ihren Sorgen nicht alleine sind. Und vielleicht bekommen Sie die ein oder andere Anregung, wie Sie mit einer bestimmten Schwierigkeit besser zu Recht kommen.

Wie Sie wissen lautet das Thema dieses Wochenendes "Körpererfahrung"

Tagtäglich verwenden wir Redewendungen die den Zusammenhang zwischen Körper und Seele zum Ausdruck bringen: "Die Angst sitzt mir im Nacken", "mir ist vor Schreck das Herz stehen geblieben", "ich habe das Erlebnis noch nicht verdaut", "das geht mir unter die Haut", ich habe "Herzschmerz" etc.

Der berühmte griechische Mediziner HIPPOKRATES dachte bereits viele Jahre vor Christi Geburt, dass der Mensch eine Einheit aus Seele und Körper bilde. Heute weiß man aufgrund zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen, dass ein direkter Zusammenhang zwischen körperlichem und psychischem Befinden besteht.
Sicherlich kennen Sie die Erfahrung, Sie freuen sich über etwas, eine gute Nachricht z.B. und fühlen sich dadurch auch körperlich stärker als könnten Sie Bäume ausreißen.
Oder anders herum: Sie gehen im Wald spazieren an einem schönen sonnigen Tag und Sie haben damit nicht nur ihrem Körper was gutes getan, sondern Sie fühlen sich hinter her auch viel glücklicher, Sie fühlen sich stark und gelassen.

Der Zusammenhang zwischen Leib und Seele besteht aber leider auch dann, wenn es sich um unangenehme Körpererfahrungen und unerwünschte Gefühle handelt, wie z.B. Schmerzen oder Angst. Dann kommen auch schnell negative Gedanken (z.B. "ich weiß nicht mehr, wie es weitergehen soll") und Gefühle wie Verzweiflung und Hilflosigkeit mit ins Spiel.

Und wer von uns kennt das nicht: Das Gefühl Angst lässt unseren Körper auf unglaublich viele Arten reagieren: Schwindel, Benommenheit, Zittern, Schwitzen, Übelkeit, Hitzewallungen oder Kälteschauer, Erstickungsgefühle, Herzklopfen, Atemnot und Schmerzen in der Brust.

Wenn wir an diesem Wochenende unsere Aufmerksamkeit auf den Körper lenken, dann wollen wir uns vor allem mit den Sinnen beschäftigen: Hören, Sehen, Fühlen, Riechen und... ? ...Schmecken. Das werden wir leider nur in den Pausen tun.
Meine Kollegen und ich möchten Sie an diesem Wochenende dazu einladen ihren Körper ganzheitlich und bewusst zu erfahren, ihre Sinne zu beleben und zu schärfen. Wir möchten mit Ihnen herausfinden, was Ihnen ganz persönlich gut tut. Außerdem sollen Sie herausfinden, wie es ist, wenn Sie als Paar in einer Gruppe sind. Wie werden Sie sich fühlen in Partnerübungen? Das sollten Sie herausfinden.
In Gruppen mit ca. 15 TN werden wir mit Ihnen kleine Übungen machen, durch die Sie die anderen Teilnehmer, sich selbst und ihren Partner besser kennen lernen. Verschiedene Übungen werden Sie in körperliche Entspannung oder Aktivität versetzten, und sie werden hoffentlich auch Spaß machen. Es geht in keinem Fall darum: etwas zu leisten, sich oder anderen etwas zu beweisen, um gut oder schlecht, richtig oder falsch.
Wir würden uns freuen, wenn diese zwei Tage für Sie erholsam und fröhlich verlaufen würden. Und vielleicht bekommen Sie ja auch die ein oder andere Anregung und Idee für zu Hause, die Sie alleine oder mit ihrem Partner im Alltag umsetzen möchten.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf die gemeinsame Zeit mit Ihnen.